Tribomized Sheets – Prozessgerichtete tribologische Optimierung von Blechoberflächen durch deterministische Strukturierung

Es wird geschätzt, dass 23% des weltweiten Energieverbrauchs auf die Reibung zwischen Oberflächen und den daraus resultierenden Verschleiß zurückzuführen sind. Dementsprechend sind Verbesserungen der tribologischen Eigenschaften in industriellen Verfahren vielversprechend. Die Modifikation der tribologischen Eigenschaften in Umformprozessen ist somit ein vielversprechendes Ziel. Deshalb werden in diesem Forschungsvorhaben deterministische Halbzeugstrukturierungen systematisch für spezifische Lastfälle ausgelegt, um so im späteren Fertigungsprozess eine Verbesserung der Reib-, Verschleiß- und Schmiereigenschaften zu erzielen. Dadurch wird einem breiten Anwenderkreis ein einfaches Instrument für ressourceneffiziente Prozesse bereitgestellt.

Projektverantwortlicher: Philipp Schumann M. Sc.
Laufzeit: November 2024 – Oktober 2026
Förderlinie: EFB 05/223 BMWK

Motivation

Deutschland ist sowohl größter Flacherzeugnisproduzent als auch größter Verbraucher von Blech-erzeugnissen in der EU. Die verarbeitenden Fertigungsprozesse sind divers, die Anlagen zahlreich, der damit verbundene landesweite Energieaufwand zur Produktion groß, doch das Ausgangsmaterial stets das Gleiche: Blech.

In Forschungsarbeiten und -projekten des PtU konnte gezeigt werden, dass durch eine gezielte Strukturierung metallischer Oberflächen die benötigte Reibkraft gegenüber industriellen Standards deutlich reduziert werden kann. Dabei qualifizieren sich unterschiedliche Strukturen für unterschiedliche tribologische Lastkollektive. Ziel dieses Vorhabens ist es die rheologisch wirkenden Mechanismen durch die Struktur systematisch mittels numerischer Simulationen zu analysieren, geeignete Strukturen für unterschiedliche Verfahren (Tiefziehen, Profilieren, Biegen) zu identifizieren und die deterministische Topografie schließlich auf Bleche zu übertragen. Damit können bestehende Fertigungslinien und Wertschöpfungsketten durch gezieltes Design der Halbzeugtopografie deutlich ressourceneffizienter gestaltet werden. Durch eine mikroskopische Maßnahme reduziert sich damit der benötigte Energieaufwand im nachgelagerten Produktionsprozess der Endanwendung durch signifikant geringere Reibwerte, abnehmenden Werkzeugverschleiß und Konzepte wie die Minimalmengenschmierung werden einem breiten Anwenderspektrum zugänglich gemacht (vgl. Abbildung 1).

[1] Vorteile der Halbzeugstrukturierung im Umformprozess
[1] Vorteile der Halbzeugstrukturierung im Umformprozess

Lösungsweg

In diesem Forschungsvorhaben werden in Zusammenarbeit mit dem PA zunächst die Anforderungen unterschiedlicher blechverarbeitender Prozesse, insbesondere die spezifischen tribologischen Lastkollektive der Umformverfahren, definiert. Unterschiedliche Einsatzgebiete resultieren in variierenden Charakteristiken, was eine genaue Kenntnis spezifischer Prozessgrößen erforderlich macht. Anhand der Betriebsfelder wird zunächst ein parametrisches CFD-Modell aufgebaut, das eine gezielte, isolierte Abbildung der einzelnen Parameter erlaubt. Dies bildet die Ausgangslage für eine Variation und gezielte strömungsmechanische Dimensionierung unterschiedlicher Mikrostrukturierungsstrategien. Als Ergebnis sollen optimale Strukturierungsparameter für die zuvor definierten Betriebsfelder vorliegen. Im Anschluss wird ein Walzgerüst für den Einsatz zur Halbzeugstrukturierung modifiziert. Dies umfasst konstruktive Maßnahmen am Gerüst als auch eine Anpassung der Steuerungssoftware, so dass eine kontinuierliche Strukturierung von Blechbändern bei benutzerfreundlichem Montage- und Justageaufwand des Texturierungsmoduls möglich wird. Zudem ist es erforderlich Strukturierungswalzen zu fertigen. Zur Dimensionierung wird dabei zunächst der inkrementelle Strukturierungsprozess mittel FEM abgebildet, um so anhand der aus dem Walzprozess auf die Mikrospitzen wirkenden Belastungen geeignete Fertigungsstrategien auszuwählen. Zudem sollen mittels der FEM die halbzeugseitigen Strukturierungsstrategien anhand des kombinierten Walzprägeprozesses kinematisch abgebildet werden. Durch das überlagerte Walzen kann es erforderlich sein, dass die Struktur auf den Walzen sich von der Zielstruktur auf der Halbzeugoberfläche unterscheidet. Für die Fertigung der Walzen sollen unterschiedliche Fertigungsstrategien betrachtet werden und schließlich vier Walzensätze produziert werden. Schließlich folgt die Produktion von strukturierten Blechstreifen mit der angestrebten Spezifikation. Dabei werden geeignete Anlagenparameter zur Strukturierung erprobt und die Lebensdauer der Walzen für die unterschiedlichen Halbzeugmaterialien bewertet. Es folgt die Evaluierung der erzielten tribologischen Eigenschaften anhand des Streifenziehversuchs unter Einstellung der eingangs definierten Lastkollektive. Abschließend wird anhand zweier ausgewählter Prozesse die Erprobung der Eigenschaften im Realprozess untersucht.

Danksagung

Die hier dargestellten Forschungsarbeiten finden im Rahmen des IGF-Vorhabens Nr. 01FI23445N der Forschungsvereinigung Europäische Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e.V. (EFB) statt. Dieses wird über das Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Ferner bedanken wir uns bei allen Industriepartnern, die das Forschungsprojekt im Projektbegleitenden Ausschuss unterstützen.

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Projektpartner